17.12.2018

Jüdische Gemeinde Gießen: Die achte Kerze brennt

Gießen

Der Advent ist die Zeit der Kerzen. Und während am Sonntag auf unzähligen Kränzen überall auf der Welt erst das zweite Licht brannte, entzündete die Jüdische Gemeinde Gießen gleich deren acht.

Auf der Weihnachtsmarktbühne am Kirchenplatz feierte sie das Chanukkafest, das an die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahr 164 vor Christus erinnert. Es dauert acht Tage und begann in diesem Jahr am 2. Dezember. Jeden Abend nach Sonnenuntergang entflammen gläubige Juden in dieser Zeit ein Licht mehr als am Vortag – bis schließlich acht Kerzen brennen.

Der Chanukkia genannte Leuchter symbolisiere dann nicht nur das nahende Ende der Festwoche, sondern auch »den Triumph des Lichts über die Dunkelheit und der Demokratie über die Tyrannei«, sagte Dow Aviv, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, in seiner Ansprache. So stehe das religiöse Lichterfest indirekt für »die Vielfalt und Offenheit der Gesellschaft«. Zuvor hatte Aviv ausführlich die Chanukka-Legende vorgetragen.

Öl spielt in ihr eine besondere Rolle, war nach der Entweihung des Tempels doch nur noch ein Krug mit koscherem Inhalt verfügbar. Genug für maximal einen Tag. Die jüdische Tempelweihe währte jedoch achtmal so lange – und die Menora, ein siebenarmiger Leuchter, musste dabei permanent brennen. Wie durch ein Wunder, so die Überlieferung, reichte das Öl schließlich aber acht Tage lang, bis die Priester neues geweiht hatten. Auf diesen Zeitraum geht die Dauer des Chanukkafestes genauso zurück wie die Zahl der Kerzen.

Mit Gesängen und Segensworten, den Brachot, feierten die etwa 70 Teilnehmer am Kirchenplatz, dass nun am Sonntag alle acht Lichter brannten. Entzündet wurden sie vom Rabbiner Shimon Großberg sowie von Gästen und Gemeindemitgliedern mit dem Schamasch, einer eigens dafür vorgesehenen neunten Kerze, die ebenfalls ihren festen Platz auf der Chanukkia hat. Die ehemalige Stadtverordnete Ika Bordasch sprach ein kurzes Grußwort im Namen des Magistrats. Shimon Jantef sorgte für die musikalische Begleitung der Feier. Diese bildete den Auftakt für ein anschließendes Fest im jüdischen Gemeindezentrum. Um an die Bedeutung von Öl in der Channuka-Legende zu erinnern, gab es dort vor allem in Öl gebackene Speisen.

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