Angriffe auf Synagogen in Deutschland: Jüdische Gemeinde Fulda in großer Sorge
„Die Gewalt gegen jüdische Einrichtungen in Deutschland macht uns große Sorgen. Wir sprechen in unserer Gemeinde derzeit fast nur noch über die Entwicklung in Israel– weil viele von uns Verwandte und Bekannte in Israel haben – und hier Deutschland“, sagt Bella Gusmann (74), Mitglied im Vorstand der jüdischen Gemeinde in Fulda.
„Bei uns in Fulda ist bislang alles ruhig. Das ist auch gut so. Aber wenn ich sehe, wie Demonstranten in anderen deutschen Städten gegen jüdische Einrichtungen vorgehen und Flaggen verbrennen, dann macht uns das Angst“, erklärt Gusmann. Erst vor wenigen Wochen hatten Unbekannte eine Gedenkmauer der ehemaligen Synagoge in Fulda mit roter Farbe beschmiert.
Bella Gusmann befürchte, dass der Raketenbeschuss von Jerusalem durch die Terrororganisation Hamas und die Reaktion durch das israelische Militär Folgen in Deutschland hat: „Die Kämpfe im Nahen Osten können zu einer Welle des Antisemitismus hier bei uns führen. Das wäre schrecklich. Warum kommt es immer wieder zu Judenhass? Warum muss jede unserer Veranstaltungen von der Polizei gesichert werden?“, fragt die Sprecherin der jüdischen Gemeinde. „Für den Schutz sind wir dankbar. Aber dass wir im friedlichen Deutschland Angst um unserer Sicherheit haben müssen, das ist traurig.“
Die Polizei hat die Synagogen jetzt besonders im Blick, auch wenn die offenen und verdeckten Sicherheitsmaßnahmen nach dem Anschlag auf die Synagoge von Halle im Oktober 2019 bereits verschärft wurden, wie das Innenministerium unserer Zeitung erklärt: „Jüdisches Leben steht in Hessen unter dem besonderen Schutz des Staates. Für jede jüdische Einrichtung gibt es ein Sicherheitskonzept. Diese werden individuell nach den regionalen Örtlichkeiten und Gegebenheiten überprüft. Sollte sich zeigen, dass die Sicherheitsstandards verbessert werden müssen, wird das jeweils vor Ort gemeinsam mit den jüdischen Gemeinden umgehend veranlasst.“
Vor dem Hintergrund des aktuellen Konflikts in Israel und möglicher Taten auf jüdische Einrichtungen in Hessen habe die Polizei ihre Maßnahmen zum Schutz jüdischen Lebens nochmals überprüft, ihre Kräfte sensibilisiert und stehe im Austausch mit den jüdischen Einrichtungen, berichtet das Ministerium.
In Hessen ist bereits seit Jahren vor jeder Einrichtung, in der jüdisches Leben stattfindet, polizeiliche Präsenz sichergestellt. „Im Landeshaushalt 2020 wurden zur weiteren Erhöhung des Schutzniveaus vier Millionen Euro und weitere 30 Wachpolizisten für Schutzmaßnahmen jüdischer Liegenschaften bereitgestellt. In den Polizeipräsidien wurden zudem für jedes Objekt die individuellen Schutzkonzepte nochmals überprüft“, berichtet das Ministerium. Vor Synagogen und jüdischen Gemeindezentren stehe immer ein Streifenwagen, wenn sich dort Menschen zum Gottesdienst treffen. Alle Polizeipräsidenten stünden mit den Vertretern der jüdischen Gemeinden im Dialog.
Unterdessen sprachen auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, über die Gewalteskalation im Nahen Osten und den wachsenden Antisemitismus. Schuster und Bätzing zeigten sich angesichts der neuen Gewalteskalation sehr besorgt. Die vom Gaza-Streifen ausgegangene Aggression gegen Israel sei inakzeptabel. Bischof Bätzing zeigte sich erschüttert über die nächtlichen Angriffe auf Synagogen in Deutschland und die Verbrennung von israelischen Fahnen. „Diese Form des Protestes verurteile ich auf das Schärfste. Es darf nicht zugelassen werden, dass ein politischer Konflikt mit religiösem Fanatismus aufgeladen wird. Angriffe auf Synagogen sind purer Antisemitismus, der mit nichts zu rechtfertigen ist.“