04.07.2022

Hilfe am »Mitzwahtag« in Gießen

Gießen

Neue Besen kehren gut, lautet eine Weisheit. Für Rechen gilt das auch. Marina Frankfurt, die Co-Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gießen, und die beiden Gemeindemitarbeiter Isaak Kaminer und Igor Romanowski ziehen in der Mittagshitze mit den noch silbrig glänzenden Rechenfächern vertrocknetes Laub und Äste von mehreren Gräbern ab.

Auf dem jüdischen Friedhof auf dem Rodtberg ist am vergangenen Freitag »Mitzwahtag«. Zweimal im Jahr treffen sich hier Mitglieder der Gemeinde zum Arbeitseinsatz, um die Friedhofsverwaltung bei der Pflege der jüdischen Abteilung zu unterstützen. »Mitzwah bedeutet gute Tat«, erklärt Frankfurt. Die »Täterin« steht neben ihr: Marion Balser, Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Gießen-Netanya. Der Verein hat die jüdische Gemeinde, der der Friedhof gehört, mit 500 Euro unterstützt, von denen unter anderem Arbeitsgeräte für die Grabpflege angeschafft wurden. Die Vereinsvorsitzende ist häufiger auf dem jüdischen Friedhof unterwegs und kennt viele Lebensgeschichten, die sich hinter den Familiennamen auf den Grabsteinen verbergen. Für einen Toten spricht Rabbiner Shimon Grossberg auf Wunsch von Marion Balser ein Gebet.

Die fast 4000 Quadratmeter große jüdische Abteilung auf dem Neuen Friedhof ist ein besonderer Ort und zeugt von der Größe und Bedeutung, die die Gießener Gemeinde vor dem Holocaust hatte. 1907 wurde der jüdische Friedhof eingeweiht. Am Ende einer Allee stehen die Friedhofskapelle und -halle, die von der Gemeinde bis heute für Trauerfeiern genutzt werden.

Verein begrüßt »runden Tisch«

Aber Balser will nicht nur in der Vergangenheit leben. Sie begrüßt, dass der runde Tisch gegen Antisemitismus, der sich in der zweiten Jahreshälfte in Gießen konstituieren wird und zu dem der Partnerschaftsverein eingeladen ist, auch das jüdische Leben in der Gießener Gegenwart und Zukunft fördern soll. Balser hofft in diesem Zusammenhang zum Beispiel auf städtische Unterstützung beim sportlichen und kulturellen Austausch zwischen Jugendgruppen aus Gießen und der israelischen Partnerstadt Netanya.

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