06.11.2023

Nach Hamas-Angriff: „Nichts wird mehr sein, wie es mal war“

Darmstadt

Daniel Neumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, im Stadtparlament zu den Auswirkungen des Hamas-Angriffs auf Israel

"Nichts wird mehr sein, wie es mal war" - mit diesem so schlichten, so erschütternden Satz beendete Daniel Neumann, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, am Donnerstagabend seine Rede vor den Stadtverordneten. Die Sitzung war dafür unterbrochen worden. Stadtverordnetenvorsteher Yücel Akdeniz hatte zuvor festgestellt, dass die Welt durch den Überfall der Hamas auf Israel aus den Fugen geraten sei und Angst um sich greife. Er schäme sich für den Antisemitismus auf Deutschlands Straßen, sagte Akdeniz. Ob links-, rechts- oder religiös motiviert.

Daniel Neumann betonte, dass er als deutscher Jude und Gemeindevorsitzender hier stehe, nicht als Israeli oder als Israels Botschafter. Der 7. Oktober markiere für Israel und die Juden weltweit eine Zeitenwende, mit 4000 zum Teil schwer verletzten und 1400 ermordeten Juden. "Nie seit dem Ende des Holocaust sind an einem einzigen Tag mehr Juden umgebracht worden", sagte er. Mit dem Angriff der Hamas seien "sorgsam gepflegte Gewissheiten" zusammengebrochen.

"Gerade nach den Schrecken der Shoa war ein Weiterleben nur möglich, weil es Israel gab. Denn nun wusste man, dass man nicht mehr schutzlos sein würde, wenn die nichtjüdischen Nachbarn  mal wieder auf die Idee kommen würden, sich an Juden zu vergreifen", sagte Neumann. "Nun wusste man, dass man nicht mehr hilflos mit ansehen müsste, wie sich die Heimatstaaten gegen  Juden wenden. Oder sich von ihnen abwenden."

Demos, Anschläge, Drohungen: Flankiert werde auch in Deutschland der manifeste muslimische Judenhass durch den alten und neuen Antisemitismus von links und rechts und durch ein dröhnendes Schweigen der Zivilgesellschaft", so Neumann. Wieder einmal werde das Undenkbare denkbar, und Juden fragten sich, ob sie in Deutschland bleiben könnten, und dächten wieder darüber nach, zu gehen. Vor der Zeitenwende sei Israel das ultimative Refugium gewesen, nun sei plötzlich die Sicherheit der Unsicherheit gewichen. "Plötzlich ist die Angst wieder da." Nach tiefer Betroffenheit folgte verhaltener Applaus auf Neumanns Rede.

Keine Dringlichkeit war herzustellen für den Antrag von Helmut Klett (fraktionslos), der den Überfall der Hamas auf Israel durch die Stadtverordneten verurteilen lassen wollte. Acht Stadtverordnete hätten dafür votieren müssen, mit ihm und der AfD war es nur die Hälfte der benötigten Ja-Stimmen.

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