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01.04.2025

Wie eine jüdische Bestattung abläuft - und was die Rituale bedeuten

Fulda

Während sich die Bestattungskultur vielerorts im Wandel befindet, bleibt sie für Juden unverändert. Roman Melamed (57), Vorstandsmitglied und Betreuer der jüdischen Gemeinde in Fulda, erklärt, warum die Beisetzung möglichst schnell erfolgen soll, und wie wichtig bestimmte Rituale sind.

Fulda - In der gesamtgesellschaftlichen Betrachtung zeichnet sich ein Wandel der Bestattungskultur ab – deutlich mehr Menschen entscheiden sich beispielsweise für eine Feuerbestattung. Doch wie die islamische Bestattung folgt auch die jüdische Bestattung jahrhundertealte Ritualen.

So läuft eine jüdische Bestattung ab

Zwischen dem strengen orthodoxen und dem zwangloseren liberalen Judentum liegen viele andere Ausrichtungen des Glaubens - und die damit verbundenen Rituale. Diese unterscheiden sich unter anderem in den Bestattungen. Roman Melamed sagt, dass diese dem orthodoxen Glauben folge, der feste Abläufe vorschreibt.

Melamed ist 57 Jahre alt. Er betreut seit 25 Jahren die jüdische Gemeinde in Fulda. Er gibt Religionsunterricht für Erwachsene, unterrichtet Hebräisch, feiert Gottesdienste und hält die Kewura ab. Außerdem ist er in Marburg und Limburg tätig. Zu seiner Glaubensgemeinde zählen über 300 Mitglieder.

Eine schnelle Beisetzung als Zeichen des Respekts

„Normalerweise sollte der Leichnam direkt nach dem Tod beerdigt werden. Man spricht von einer Zeitspanne von 24 Stunden“, sagt der 57-Jährige. Dies sei in Deutschland allerdings aus bürokratischen Gründen nicht möglich. „Deswegen sagen wir, dass die Beisetzung schnellstmöglich durchgeführt sein soll.“ Diese Frist zeige Respekt gegenüber dem Verstorbenen.

Die rituelle Waschung durch die Chewra Kadischa

Die Bestattung beginnt mit einer Waschung durch die Chewra Kadischa (Heilige Gemeinschaft), die entweder aus drei speziell ausgebildeten Männern oder Frauen besteht. „Zuerst waschen sie den Körper mit klarem Wasser und Seife“, erläutert Melamed. „Laut Talmud - einer Sammlung jüdischer Schriften - müssen Verstorbene zusätzlich mit 20 Litern Wasser begossen werden. So erlangt die Person Reinheit“, führt er aus.

Im Anschluss trocknet die Chewra Kadischa die Haut. „Sie kleidet die sterbliche Hülle in ein weißes Baumwollgewand, und verhüllt das Gesicht. Das Gewand wird mit dünnen Bändern umwickelt, die Halt geben“, so Melamed. Das soll die Gleichheit aller vor Gott symbolisieren. Männer werden zusätzlich mit ihrem Gebetsmantel bedeckt.

Die Kewura: Die eigentliche Beerdigungszeremonie

Die Waschung dauert etwa eine Stunde. Sie wird direkt vor der Beerdigungszeremonie - der Kewura - vollzogen. Da der Neue Jüdische Friedhof in Fulda keine Kanalisation hat, erfolgt die Waschung am Zentralfriedhof. Der verstorbene Mensch wird in einem schlichten Sarg beerdigt. „Nach jüdischem Glauben geschieht die Beerdigung eigentlich ohne Sarg, damit der Mensch die Verbindung zur Erde eingeht. Wegen der früheren Sargpflicht in Deutschland wurde als Kompromiss Erde in den Sarg gegeben. Das ist bis heute so“, sagt der 57-Jährige.

Die Kewura findet im Chewra Kadischa Haus auf dem Neuen Jüdischen Friedhof statt. „Der Sarg bleibt verschlossen, damit die Angehörigen die Person lebend in Erinnerung behalten“, erklärt Melamed. Die Zeremonie beginnt immer mit einem bestimmten Psalm und einem Rückblick auf das Leben des Verstorbenen. Aus Respekt wird nur positiv über ihn gesprochen. Zum Abschluss sprechen die Anwesenden das Trauergebet El Male Rachamim und bitten so um Gottes Gnade. Während der Kewura reißen sich die Angehörigen aus Trauer die Kleidung auf Herzhöhe ein – der sogenannte Krija.

Das letzte Geleit und das Kaddisch

Nach der Trauerfeier wird der Sarg zum Grab begleitet, wobei weiter gebetet und ein festgelegter Psalm gesprochen wird. Im Anschluss wird der Sarg in die Erde gelassen. Menschen werden mit den Füßen Richtung Israel beerdigt. So soll die Auferstehung erleichtert werden. „Jede anwesende Person schüttet dann drei Schaufeln Erde auf den Sarg - das hat dieselbe Bedeutung wie im Christentum: Erde zu Erde.“ Anschließend sprechen die Trauernden das Kaddisch - das wichtigste Gebet im Judentum.

Abschied und rituelle Reinigung

Danach stellt sich die Trauergemeinde in zwei Reihen auf. Sie bildet so eine Gasse für die Angehörigen. Diese gehen hindurch, während die Gemeinde den Satz „Der Herr möge Euch trösten, zusammen mit den Trauernden von Zion und Jerusalem“ aufsagt. Vor dem Verlassen des Friedhofs erfolgt das Händewaschen mit einer Kanne mit zwei Griffen, der Natala. „Damit erlangen alle ihre rituelle Reinheit zurück“, sagt Melamed.