30.08.2013

Interview mit Jürgen Richter

Jürgen Richter über Urlaubstage an den Hohen Feiertagen, Lohnfortzahlung und wichtige Anträge.

Herr Richter, haben jüdische Arbeitnehmer an den Hohen Feiertagen Anrecht auf Urlaub?

Im Prinzip ja. Die Landesurlaubsgesetze sehen zwar vor, dass diesem Gesuch »dringliche betriebliche Belange« nicht entgegenstehen dürfen. Wenn diese Bedingung jedoch erfüllt ist, kann man sich wie kommende Woche an Rosch Haschana theoretisch freinehmen.


Und praktisch?

Nun, ob es tatsächlich klappt, ist vom jeweiligen Berufsfeld des Arbeitnehmers abhängig. In einem Krankenhaus beschäftigte Gemeindemitglieder können sich mitunter nicht so ohne Weiteres freinehmen. Die Pflege muss ja weiter gewährleistet sein.


Letztlich obliegt es also dem Arbeitgeber, ob er dem Urlaubsantrag stattgibt.

Schwer zu sagen. Es gibt den oben genannten Punkt in den Landesurlaubsgesetzen. Andererseits ist die Religionsausübung grundgesetzlich geschützt. Ein religiöses Bekenntnis darf keine negativen Rechtsfolgen haben. Wie ein Gericht im Fall der Fälle urteilen würde, weiß ich nicht. Mir ist kein Rechtsstreit bekannt. Bisher galt: Wenn ein Arbeitnehmer etwa an Jom Kippur zur Synagoge gehen will, kann er das auch tun.


Welche Feiertage betrifft das noch?

Das sind vor allen Pessach, Rosch Haschana, Jom Kippur, Sukkot, Schemini Azeret und Simchat Tora.


Benötigt der Arbeitnehmer eine Bescheinigung, um sich freinehmen zu können?

Er muss die Urlaubstage beim Vorgesetzten beantragen und in aller Regel ein Schreiben der zuständigen jüdischen Gemeinde oder des Landesverbandes einreichen. Aus diesem muss hervorgehen, um welchen jüdischen Feiertag es sich handelt und welchen Stellenwert er hat. Die Zeiten, in denen beispielsweise in Frankfurt am Main jeder Christ wusste, was Jom Kippur ist, sind bekanntlich lange vorbei.


Erfolgt eine Lohnfortzahlung, wenn man zu Rosch Haschana Urlaub beantragt?

Da es sich bei den jüdischen Feiertagen nicht um gesetzliche Feiertage handelt, erfolgt normalerweise keine Lohnfortzahlung seitens des Arbeitgebers. Zudem werden die freigenommenen Tage vom Urlaubskonto des Arbeitnehmers abgezogen.

Das ausführliche Interview mit Jürgen Richter finden Sie auf den Seiten der Jüdischen Allgemeine.

  

(Bildquelle: Juedische-Allgemeine.de)

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