15.05.2019

WIZO in Darmstadt: Kuchen und Konzert

Darmstadt

Der Muttertagsbasar in Darmstadt sammelte für Projekte in ganz Israel. Hamburg unterstützt das Beit Heuss.

Der Darmstädter WIZO‐Basar hat eine treue Fangemeinde. »Ich mag die Kombination aus Essen, Kultur, Flohmarkt und Büchern«, sagt Nira Scherer. Die Hebräischlehrerin ist aus der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden angereist. Sie komme jedes Jahr zum WIZO‐Basar nach Darmstadt, erzählt sie. Diesmal hat Scherer Renate Grigoleit mitgebracht, die bei ihr Hebräisch lernt. Renate Grigoleit war auch schon einmal beim Frankfurter WIZO‐Basar gewesen und erinnert sich: »Es war wunderbar.«

Schon am Vormittag herrscht reges Treiben in den Räumen des Gemeindezentrums. Auch Nicole Faktor, neue Präsidentin von WIZO Deutschland, ist an diesem Sonntag nach Darmstadt gekommen. »Es ist idyllisch, schön und herzlich«, freut sie sich. Besonders schätze sie, dass die WIZO für die Mütter sogar am Muttertag an erster Stelle stehe. Faktor weist zudem darauf hin, dass die alljährliche Basarsaison immer an diesem Tag in Darmstadt beginne.

power Die WIZO‐Gruppe Darmstadt zählt derzeit 14 Mitglieder, berichtet Vizevorsitzende Ingeborg Lea Nahmany. In der überschaubaren Größe sieht sie kein Hindernis. »Es steckt viel Power dahinter.« Die Erlöse des Basars kommen der wohltätigen WIZO‐Arbeit in Israel zugute.

»Wir haben uns dieses Jahr dafür entschieden, kein bestimmtes Projekt gezielt zu unterstützen und es WIZO Deutschland zu überlassen, das Geld einem oder mehreren Projekten zuzuteilen, die es derzeit am dringendsten benötigen«, erläutert Nahmany.

Einige Projekte stellt Nicole Faktor in ihrer Eröffnungsrede vor, so etwa die kürzlich eröffnete WIZO‐Kindertagesstätte in Mewasseret Zion bei Jerusalem, die 2011 eingeweihte Kita an der Universität Tel Aviv und das »Pyjama«-Programm zur Leseförderung.

appell »Bitte spenden Sie und kaufen Sie nach Herzenslust!«, fordert Faktor die Besucher auf. Daniel Neumann, Vorstandvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, schließt sich dem Appell an. Er würdigt zudem den wochenlangen Einsatz der Darmstädter WIZO‐Frauen bei der Vorbereitung des Basars.

Auch die ehemalige hessische Wissenschaftsministerin Ruth Wagner spricht ein Grußwort. Die FDP‐Politikerin übernahm gemeinsam mit Nicole Faktor in diesem Jahr die Schirmherrschaft des Basars. Sie leitet die in Wiesbaden ansässige Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen. Für ihr Engagement wird Wagner mit einer WIZO‐Nadel ausgezeichnet.

Im Gemeindesaal bleibt auch am Nachmittag kaum ein Platz frei. Selbst gemachte russische Piroggen, israelische Salate, Hummus, Falafel und Pitabrot locken die Besucher ebenso wie koschere Weine aus Israel und eine stattliche Kuchen‐ und Tortenauswahl.

familie Vor dem Saal signiert Barbara Bišický‐Ehrlich ihr 2018 erschienenes Buch Sag, dass es dir gut geht. Es erzählt die Geschichte ihrer jüdischen Familie über drei Generationen. »Ich halte ganz große Stücke auf die WIZO«, sagt Bišický‐Ehrlich. Sie ist in der Frankfurter WIZO‐Gruppe aktiv. Vom Darmstädter WIZO‐Basar zeigt sich die Autorin angetan. »Es hat etwas sehr Entspanntes und Ordentliches.«

Wie immer gut besucht ist die von Daniel Neumann geleitete, eineinhalbstündige Synagogenführung. Neumann blickt zunächst auf die Geschichte der 1988 eröffneten Synagoge zurück. Mit ihren 176 Plätzen sei sie größer gewesen als die gesamte damalige Gemeinde. Heute zähle die Darmstädter Gemeinde 620 Mitglieder, sagt Neumann. An den Hohen Feiertagen herrsche in der Synagoge Platzmangel.

Im Weiteren führt Daniel Neumann in die Grundlagen der jüdischen Glaubenspraxis ein. »Das Judentum ist eine Religion des Hörens«, sagt er unter anderem. Gebannt und aufmerksam folgen denn auch Besucher Neumanns Vortrag.

erlös Der Erlös des Benefizkonzertes im Logensaal der Hamburger Kammerspiele von der Hamburger WIZO‐Gruppe geht in diesem Jahr an das Theodor‐Heuss‐Familientherapiezentrum in Herzliya. Die Spenden resultieren aus dem Eintrittsgeld sowie aus weiteren Spenden und dem Verkauf von Getränken und Speisen, die die Hamburger WIZO‐Frauen selbst gekocht und gebacken haben.

»Wir freuen uns sehr, dass wir diese Summe erzielen konnten«, sagt Larissa Dekhtiar vom Vorstand der Hamburger WIZO. Vorstandsfrau Kristina Saß informierte anschließend über das Projekt in Herzliya. Das Beit Heuss, 25 Kilometer nördlich von Tel Aviv gelegen, wurde 1967 gegründet und betreut heute überwiegend Terroropfer, darunter auch israelische Soldaten, Eltern gefallener Soldaten, Neueinwanderer aus Terror‐Gebieten, Familien von Drogenabhängigen sowie Opfer familiärer Gewalt, Eltern mit behinderten Kindern, alleinerziehende Mütter und Väter und Adoptiveltern in Konflikt‐Situationen.

Für diesen guten Zweck traten auch die Künstler auf, statt einer Gage erhielten sie lediglich eine kleine Aufwandsentschädigung. Alexandra Lachman sang eindrucksvoll einige hebräische Lieder, von ihrer Mutter Natalie Lachman einfühlsam auf der Gitarre begleitet. Natalie Lachman ist wie Larissa Dekhtiar, Kristina Saß und Rita Bolonsky Mitglied im Vorstand der Hamburger WIZO. Larissa Dekhtiar, von Beruf Gesangslehrerin, sang das Schma Jisrael.

Logensaal Der Akkordeonspieler Stefan Goreiski erinnerte nach seinem musikalischen Beitrag an die Geschichte des Logensaals, der vor der Schoa Versammlungsort der Hamburger Juden war. Ende 1935 schloss Hamburgs NS‐Regierung mit dem Theater auch den Logensaal. 1937 gab sie die Villa zum Verkauf frei. Am 11. Juli 1942 war dieser Saal Sammelstätte für einen der Hamburger Transporte nach Auschwitz. Reste der ehemaligen Ausstattung des Logensaals sind heute wieder freigelegt und zu sehen.

Den zweiten Konzertteil gestaltete der Schlagzeuger Oded Kafri, ein international auftretender Bühnen‐ und Straßen‐Solokünstler. Er mixt sein Schlagzeug‐Spiel mit Sounds aus seinem Computer, mit Hip‐Hop. Die richtigen Stars des Benefizkonzerts aber sind Hamburgs WIZO‐Frauen mit ihrem ehrenamtlichen Engagement.

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