26.11.2019

Verständnis statt Vorurteile

Bad Nauheim

Am vergangenen Freitag fand erstmals eine interreligiöse Diskussionsrunde in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Rockenberg statt. Hier sind jugendliche Straftäter bis 20 Jahre inhaftiert.

Die dort angestellten religiösen Fürsorger - Imkmam Souleimantzek, der katholische Postalreferent Rainer Brandtbeck, der evangelische Pfarrer Uwe Wiesner und Manfred de Vries, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Bad Nauheim, hatten Straftäter zu diesem Dialog eingeladen.

Acht Straftäter meldeten sich zur Gesprächsrunde an. Sie alle sind Muslime und verfügten bislang über wenig Informationen über die christliche und gar keine über die jüdische Religion. In erster Linie stellte Manfred de Vries bei dem Treffen die jüdische Religion vor. Es war ihm wichtig, diese den jungen Menschen als tolerante Religion näherzubringen.

Vor allem wurden die Ähnlichkeiten der drei Buchreligionen herausgestellt. De Vries zählte auf: "Wir glauben alle an einen Gott. Es gibt viele Regeln in der jüdischen Religion, die denen des Islam gleichen, hier vor allem die Kaschrut- und Halal-Regeln für Lebensmittel. Auch die Feiertage in den drei Religionen haben Parallelen." Gemeinsam sei den Religionen auch, dass immer betont werde, dass alle Menschen nach dem Ebenbild Gottes erschaffen worden seien. De Vries: "Wir müssen uns also gegenseitig achten. Wenn wir alle Religionen respektieren und wir jeden nach seiner Fasson glücklich werden lassen, können wir die Zukunft gemeinsam gestalten."

Über Holocaust aufgeklärt

Zu Beginn waren die Jugendlichen in der Runde gefragt worden, ob sie schon Kontakt zu Juden hatten ("nein"), was sie über Juden gehört hatten und welche Einstellung sie ihnen gegenüber haben. "Jeder hatte Vorurteile wie: Die Juden haben zu viel Macht in der Politik und in der Wirtschaft, sie haben zu viel Geld, weil sie andere übervorteilen", berichtete de Vries.

Gefragt, ob die Jugendlichen wüssten, was der Holocaust sei, konnte dies keiner bejahen. De Vries erklärte daraufhin anschaulich, wie es damals zum Holocaust kam - vor allem beschrieb er die "Nürnberger Gesetze" im Detail. "Wie dann durch die Aberkennung aller Menschenrechte die Juden zu Freiwild wurden und die Endlösung dazu führte, dass sechs Millionen Juden ermordet wurde, hat die Jugendlichen doch sehr beeindruckt", sagte er.

Mit dem "Runden Tisch" ist de Vries zufrieden: "Den Erfolg dieses interreligiösen Dialogs kann man daran messen, dass alle Teilnehmer als Freunde auseinander gingen. Dialog bewirkt die Abschwächung von Vorurteilen, die Grundlage des Hasses sein können."

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