13.11.2020

Erinnern an Leid, Gewalt und Schweigen in Bad Nauheim

Bad Nauheim

Für Montagabend hatte die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Wetterau (GcjZ) zur Gedenkveranstaltung in Erinnerung an die Reichspogromnacht im Jahr 1938 eingeladen.

Das Gedenken fand in der Bad Nauheimer Wilhelmskirche statt und wurde live ins Internet übertragen. Keines 9. Novembers kann man ohne die Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938 gedenken. Im Rückblick ist deutlich geworden, wie vielerorts normale Bürger sich freudig, ja lustvoll an der Demütigung, Ausbeutung und Gewalt gegen die jüdischen Nachbarinnen und Nachbarn beteiligt haben, auch in den Städten und Orten der Wetterau. Es war die Ka- tastrophe vor der Katastrophe des Holocaust, der angestrebten Vernichtung aller Juden in Europa. Und wer sich nicht beteiligt hat, hat doch zumindest geschwiegen, auch in den Kirchen.

Friederike Müller las aus dem Tagebuch von Etty Hillesum, einer niederländischen Jüdin, die in Auschwitz ermordet worden war. Etty Hillesum legt darin ein ergreifendes Zeugnis innerer Reifung zum Glauben an das Gute im Menschen und gestärkt von Zuversicht und Gottvertrauen im Angesicht des bevorstehenden Todes ab. Georg Klemp von der Musikschule Bad Nauheim begleitete die Lesung musikalisch. Zum Beispiel mit der Klaviersonate "27. April 1945" von Karl Amadeus Hartmann.

Nach Begrüßung und Einführung durch Peter Noss vom Evangelischen Dekanat Wetterau appellierte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Manfred de Vries, an die Zuschauer, sich für Demokratie und gegen Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit einzusetzen.

Der GcjZ Wetterau ist das Gedenken an die Geschehnisse der Reichspogromnacht ein besonderes Anliegen, da die Ereignisse des 9./10. November 1938 deutlich vor Augen führen, wohin Hass führen kann. Angesichts der Verbrechen, die uns allein seit Oktober 2019 von Halle über Hanau, Hamburg, Dresden, Paris und Nizza bis Wien in den vergangenen Monaten erschreckt hätten, sollte mit der Veranstaltung am 9. November ein deutliches Zeichen gegen den Hass gesetzt werden, wie Britta Weber in ihrem Dank zum Schluss betonte.

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