28.05.2021

»Mindestrespekt auf beiden Seiten unabdingbar«: Manfred de Vries, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Bad Nauheim, äußert sich zu Leserbrief-Schreiber der Wetterauer Zeitung

Bad Nauheim

Manfred de Vries, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Bad Nauheim, hatte in einer am 17. Mai in der WZ veröffentlichten Pressemitteilung Solidarität mit den jüdischen Menschen in Deutschland und auch deren Schutz eingefordert. Dies vor dem Hintergrund des Nahost-Konfliktes und von Demonstrationen in Deutschland, die von antisemitischen Parolen überschattet waren.

»Mein Artikel zum Aufruf zur Solidarität mit den jüdischen Mitbürgern in der Wetterau hat dazu geführt, dass Israel in diesen Leserbriefen an den Pranger gestellt wird. Wenn Herr Berster meint, die Obrigkeit in Israel würde Palästinenser vertreiben, dann stimmt das keineswegs. Dies sind Entscheidungen, die über viele Instanzen im israelischen Recht zum Entscheid kam. In keinem anderen Land im Nahen Osten würden jüdische Bürger dieses Recht bekommen. Arabische Israelis haben die gleichen Rechte, aber auch die gleichen Pflichten wie jeder andere Israeli - egal welcher Religion sie angehören«, schreibt de Vries.

Zudem stimme die Behauptung in dem Leserbrief von Frau Rosenstock nur teilweise, dass 700 000 Palästinenser enteignet worden seien. Erstens habe Ben Gurion bei der Unabhängigkeit Israels 1948 alle in Israel lebenden Araber gebeten, in Israel zu bleiben und gemeinsam die Zukunft zu gestalten, und viele seien geblieben und hätten die Zukunft mitgestaltet. »Heute gibt es Nachfahren, die gewählte Abgeordnete mit eigener Partei im Knesset sind oder auch in der israelischen Armee. Ein sehr großer Teil Israels wurde von jüdischen Organisationen wie dem KKL erworben oder von jüdischen Einwanderern direkt von Palästinensern gekauft. Andererseits wurden zwischen 1948 und 1953 rund 700 000 arabische Juden aus arabischen Ländern vertrieben ohne jegliche Kompensation. Einige gingen nach Frankreich oder in die USA, aber die meisten kamen nach Israel und sind bis heute voll integriert. Palästinenser, die auf Geheiß der arabischen Staaten nach Jordanien, Libanon oder andere Länder auswanderten, wurden in unmenschliche Auffanglager teilweise bis heute verfrachtet und sollten auf keinen Fall integriert werden, damit der Konflikt am Leben gehalten wird. Sie bekamen die Staatsangehörigkeit der Gaststaaten, auch wenn dort geboren, nicht«, argumentiert de Vries.

Apartheid-Vergleich abgelehnt

Angebote seitens Israel einer Zweistaatenlösung habe es schon 1937 gegeben, zudem 1948, 2000 und 2008. In allen vier Fällen sei der Plan von der PLO abgelehnt worden. »Leider meinen viele Palästinenser, dass es erst Frieden geben darf, wenn der letzte Israeli und letzte Jude ins Meer getrieben wurde. Frieden kann es nur geben, wenn mindestens die Existenz Israels akzeptiert wird - egal in in welchen Grenzen. Mindestrespekt auf beiden Seiten ist unabdingbare Voraussetzung. Diese Mindestvoraussetzung wird die Hamas niemals akzeptieren, und Israel kann somit mit dieser Terrororganisation keine Verhandlungen führen. Sie muss die Bevölkerung in Israel - egal welcher Religion, Farbe und welchen Geschlechts - schützen.« De Vries weist den Vergleich zwischen israelischer Regierung und dem Apartheid-Regime in Südafrika zurück, wie er in einem Leserbrief geäußert worden ist. In Israel habe jeder Bürger, egal welcher Religion und welchen Geschlechts, die gleichen Rechte. »Selbstverständlich ist nicht alles gut, was in Israel passiert. Aber jeder Bürger kann sein Recht einklagen. Jüdische Bürger in vielen arabischen Ländern haben dieses Recht nicht.«

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