07.10.2024

Erinnerung und Mahnung in Gießen

Gießen

Am 7. Oktober jährt sich der Überfall der Hamas auf Israel zum ersten Mal. In Gießen findet aus diesem Anlass eine Mahnwache statt. Dort soll den ermordeten und verschleppten Opfern des Terrorangriffs gedacht und ein Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt werden.

Der 7. Oktober 2023 markiert eine Zäsur in der Geschichte Israels und der jüdischen Gemeinschaft. Beim Überfall der Hamas wurden 1139 Menschen getötet - davon 700 Zivilisten. Mehr als 5400 Menschen wurden verletzt, über 240 in den Gaza-Streifen verschleppt, wovon noch über 100 weiterhin Geiseln der Terror-Organisation sind. Um am Jahrestag des Überfalls den Opfern zu gedenken, findet am 7. Oktober in Gießen eine Mahnwache statt.

Im Nahen Osten ist seit dem 7. Oktober 2023 der Ausnahmezustand zur Normalität geworden. Als Reaktion auf den Terrorüberfall der Hamas marschierte Israel in den Gaza-Streifen ein. Laut UN sind seitdem über 40 000 Palästinenser gestorben. Ende September starb Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah bei einem israelischen Luftangriff in Beirut, bevor die israelische Armee in einer Bodenoffensive in den Libanon einmarschierte. Iran antwortete mit dem Abschuss von 200 Raketen auf Israel. Währenddessen gehen dort weiter Menschen auf die Straße, um Premierminister Benjamin Netanjahu dazu zu drängen, die verbliebenen Geiseln nach Hause zu holen.

Für die Jüdische Gemeinde, die Deutsch-Israelische Gesellschaft und den Partnerschaftsverein Gießen-Netanya war klar, dass es anlässlich des Jahrestags des Hamas-Überfalls eine Veranstaltung geben muss. Dow Aviv ist Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde und betont: »Der Angriff wird wegen seiner Brutalität und seines Ausmaßes ein besonderes Ereignis bleiben.« Über 100 Menschen seien weiterhin in der Gewalt der Terrororganisation. »Wir wollen zeigen, dass wir sie und die vielen Todesopfer nicht vergessen werden.«

Die als Mahnveranstaltung angekündigte Versammlung findet am Montag, 7. Oktober, von 18.30 bis 20 Uhr auf dem Kirchenplatz statt. Dort werden unter anderem der ehemalige Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier, Bürgermeister Alexander Wright in Vertretung für Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher und Aviv Reden halten. Dabei wird es nicht nur um das Gedenken an die Opfer des Hamas-Überfalls gehen. Aviv ist es wichtig zu betonen, dass seitdem weltweit eine Zunahme des Antisemitismus festzustellen sei. Die Veranstaltung soll Mahnung zugleich sein, dass man sich dieser Entwicklung mit klarer Haltung entgegenstellen muss.

Umso mehr muss Aviv es als Provokation verstehen, wenn sich die Gruppe »Palästina Solidarität Gießen« in der Universitätsstadt an der Aktionswoche beteiligt, zu der das Kufiya-Netzwerk zwischen dem 30. September und 7. Oktober aufgerufen hat. Das Kufiya ist die als Palästinensertuch bekannte karierte Kopfbedeckung. Nach Angaben des Bundesverfassungsschutzes handelt es sich beim Netzwerk um einen Zusammenschluss von diversen linksextremistischen Organisationen mit Gruppen aus dem Bereich des auslandsbezogenen Extremismus und des nicht extremistischen Spektrums. »In einem Statement des Netzwerks wird der Krieg im Nahen Osten unter anderem als Krieg zwischen ›Besatzern und Besetzten‹ beschrieben und ausgeführt, dass der gewaltsame Widerstand der Besetzten nicht mit der Gewalt der Besatzer gleichgesetzt werden könne«, teilt der Verfassungsschutz mit.

Der Titel der Aktionswoche lautet »Es begann nicht am 7. Oktober! 76 Jahre Genozid«. Für Gießen waren eine Plakataktion zu Wochenbeginn und eine Versammlung am gestrigen Donnerstag mit dem Titel »Die-In und Kundgebung« geplant. Wenn man Aviv darauf anspricht, sagt er: »Hier werden Fakten ignoriert und behauptet, es gebe mit Israel nur einen Aggressor, dessen Ziel es sei, Palästina zu zerstören. So ist es aber nicht.«

Aviv betont, dass nicht vergessen werden dürfe, was der Auslöser der Ereignisse war: Der Überfall und die Geiselnahme der Hamas. Er sagt: »Krieg ist brutal und schlimm, und ich bin persönlich sehr besorgt wegen der Ereignisse.«

Dass es anders geht, war in der Vergangenheit in Gießen zu sehen: Nach dem Hamas-Überfall kondolierten die Muslimischen Gemeinden der Jüdischen Gemeinde telefonisch und kamen Ende Dezember mit Jüdischer Gemeinde und christlichen Kirchen zu einem gemeinsamen Friedensgebet auf dem Kirchenplatz zusammen: »Shalom, Salam, Amen.«

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